Saarbrücker Zeitung , 06.09.23

Galgenhumor, ironische Zerfleischung und Jonglage – das war der dritte Tag der St. Ingberter Pfanne

St. Ingbert · Es geht auch pünktlich: Das Überziehen gehört bei der St. Ingberter Pfanne zur Tradition. Trotzdem auch mal schön, wenn – wie am dritten Wettbewerbsabend – die Auftritte überzeugen und der Ablauf passt. Und dabei gab es einiges ungewohntes.

Das Duo „Möbus & Welling“ (Anna Möbus, r., und Charlotte Welling) machen sardonisch theatralisches Hochzeits-Kabarett mit „2 Frauen und 1 Kühlschrank“.
Foto: Kerstin Krämer

Na bitte. Geht doch! Spätestens am zweiten Wettbewerbsabend hatte man den Comedian Piet Klocke herbeigesehnt, damit er mit einem genervten „Herrschaften!“ Disziplin einfordern möge: weil der zeitliche Ablauf schon wieder um eine fette Dreiviertelstunde überdehnt wurde. Der dritte Abend des St. Ingberter Kleinkunstwettbewerbs in der Alten Schmelz bewies nun, dass die Pfanne auch pünktlich auf den Herd kommen kann. Am Dienstag schmorte darin ein abwechslungsreiches Menü, bei dem man neue Zutaten kosten durfte.

Endlich mal ein Duo bei der St. Ingberter Pfanne
Nach den ganzen Solistinnen und Solisten der Vortage kam nun erstmals ein gleichberechtigtes Duo zum Zug (bei „Maladée“ hatte der Keyboarder ja eher eine dienende Rolle) und machte „Präsenzkabarett“. So stand’s jedenfalls im Programmheft. Versuchen wir mal zu schildern, was Anna Möbus und Charlotte Welling hier anrichteten: Man stelle sich vor, die Regisseure Mike Nichols, Ingmar Bergmann und Thomas Vinterberg täten sich zusammen, beziehungsweise die Autoren der jeweiligen Vorlage; der Text für „2 Frauen und 1 Kühlschrank“ stammte tatsächlich von dem Kabarett-Urgestein Thomas Reis, dem Pfannengewinner 2022.
Das Ergebnis wäre ein Stück, bei dem „Wer hat Angst vor Virginia Wolf?“, „Szenen einer Ehe“ und „Das Fest“ fröhlich harmonieren: gegenseitige Zerfleischung in schönstem Sarkasmus, gesprengte Familienidylle, Demontage der Fassade unter Alkoholeinfluss. Und das nur, weil sich zwei Frauen auf der Couch bei der Online-Übertragung einer Hochzeit zuschalten und sich parallel durch diverse Selbstgruppen zappen. Vorhersehbar, dass dabei sowohl die häusliche Situation wie die Eheschließung anbrennen.

Möbus und Welling bereiten dieses Metzel-Geschnetzel meisterlich zu, indem sie blitzschnell die Rollen wechseln und so auch das virtuelle Personal leibhaftig auf die Bühne holen. Und Reis wäre nicht Reis, wenn er das Ganze nicht wortgewaltig mit gepfefferter Ironie über Religionen, Nationen und das Wesen der Geschlechter würzen würde.
Was aber wollte uns die Inszenierung sagen? Dass frau letzten Endes doch auf eine „lebensbegleitende Maßnahme“ in Form eines wie auch immer gearteten Partners angewiesen ist? Dass tröstlicherweise im Kühlschrank immer noch Licht brennt? (...)

Kerstin Krämer